Lipödem an den Armen : Neben Beinen, Hüfte und Po, kann die Fettverteilungsstörung Lipödem auch die Arme betreffen. Oftmals haben Betroffene die Diagnose Lipödem an den Beinen diagnostiziert und sind bereits sensibilisiert für die ersten Anzeichen. Welche Anzeichen typisch für ein Lipödem sind, erfährst Du hier.
Lipödem an den Armen – die Diagnose
Bei meinem zweiten fachärztlichen Kontrolltermin wurde ich offen auf das mögliche Lipödem in den Armen angesprochen. Nach einer eingehenden Untersuchung inklusive Ultraschall war die Diagnose für die Arme schnell klar: Lipödem – auch an den Armen. In diesem Termin habe ich ein neues Rezept für eine Armkompression erhalten, außerdem wurde mein Rezept zur Lymphdrainage auf 60 Minuten angepasst. Obwohl ich damit gerechnet und mich innerhalb der ersten sechs Monate auch sehr gut an meine Kompressionsstrumpfhose gewöhnt hatte, beschäftigte mich die Tatsache doch, dass ich zukünftig auch Arm-Kompressionsstrümpfe tragen sollte. Ich blieb optimistisch und habe mich selber nicht unter Druck gesetzt. Mit Erfolg! Mittlerweile trage ich die Armkompression fast so selbstverständlich wie die Beinversorgung. Insbesondere die Verbesserungen motivieren mich sie täglich zu tragen.
Woran erkenne ich ein Lipödem an den Armen?
Der Prozess ist schleichend. Eine sanfte Berührung am Arm verursacht plötzlich Schmerzen. Arbeiten über Kopf, Haare föhnen oder Gardinen aufhängen fällt unerwartet schwer. Je länger die Arme hochgehalten werden, desto mehr hat man das Gefühl, dass Bleigewichte an Ihnen hängen. Hinzu kommt ein brennender, oft stechender Schmerz. Alles Anzeichen, die Betroffene oft bereits durch ihr Lipödem in den Beinen kennen.
Du kennst diese Anzeichen? Dann kann Dein Arzt Dir Gewissheit geben. Äußere beim nächsten Termin offen Deine Vermutung. Nachdem die Diagnose gestellt ist, können Dir die gleichen therapeutischen Maßnahmen verschrieben werden, wie für die Beine. Das bedeutet, dass Du ab sofort ebenfalls Lymphdrainage für die Arme erhältst und auch ein Rezept für eine Kompressionsversorgung für die Arme.
Durch den Kompressionsdruck kann ein Rückstau entstehen. Dieses „Volllaufen“ der Hände kann durch passende Kompressionshandschuhe verhindert werden. Hier reicht bei einem reinen Lipödem für die Handschuhe oftmals schon eine Kompressionsklasse 1 aus.
Mein Tipp: Am besten lässt Du Dich vorab im Sanitätshaus von Deiner Sanifee beraten. Sie wird mit Dir gemeinsam, die optimale Kompressionsversorgung zusammenstellen. Der Arzt kann den Rezeptvorschlag aus Deinem Sanitätshaus dann einfach übernehmen oder ergänzen.
Vermessen Deiner Armkompression
Im Sanitätshaus werden – wie auch bei den Beinen – viele Messwerte genommen. Für eine optimale Versorgung benötigt Deine Sanifee die Messwerte Deiner Arme. Wie auch bei den Beinen wird auf Zug gemessen. Mehr über das Vermessen im Sanitätshaus erfährst Du hier.
Mein Tipp: Plane zum Vermessen der Arme und Hände etwas mehr Zeit ein, als bei den Beinen. Generell ist das Messverfahren etwas aufwändiger. Alleine für die Handschuhe wird jeder einzelne Finger an drei Messpunkten vermessen.
Zusätze für Deine Armkompression
Insbesondere beim Thema Zusätze ist es vorteilhaft, sich vorab Gedanken zu machen. Die Auswahl ist groß, so dass die neue Armkompression nach individuellen und körperlichen Bedürfnissen angepasst werden kann. Das Tragegefühl kann somit erheblich verbessert werden. Zusätze sollten natürlich nur da eingesetzt werden, wo sie sinnvoll sind und können je nach Kompressionshersteller variieren.
Kompressions-Armstrümpfe oder ein Bolero – Du hast Die Wahl!
Im Gespräch mit Deiner Sanifee kann auch direkt geklärt werden, ob klassische Armstrümpfe mit Haftrand oder ein Bolero die bessere Wahl für Deine Arme ist. Den Begriff Bolero kennst Du vielleicht schon in einem anderen Zusammenhang als „kurzes Jäckchen“. Als Kompression handelt es sich um ein Paar Armstrümpfe mit einer Bolero-Verbindung im oberen Rückenbereich.
Beide Varianten haben ihre Vorteile. Im Laufe der Zeit kann man auch noch einiges ausprobieren und für sich optimieren.
Ich habe mich bei meinem ersten Rezept für ein paar Armstrümpfe entschieden und bei der Wechselversorgung den Bolero gewählt. Beide Varianten eignen sich für verschiedene Bedürfnisse und ich trage beide gerne.
Den Bolero kann man je nach Beweglichkeit leicht, wie eine Jacke anziehen. Das hat den Vorteil, dass vor allem bei starken Kalibrierungen, die Oberarme bis zur Achsel gut eingepackt und versorgt sind. Einmal angezogen sitzt er den ganzen Tag sicher und gut.
Die Armstrümpfe lassen sich durch Zusätze, wie beispielsweise einen Haftrand optimal auf Deine Bedürfnisse anpassen. Deine Armstrümpfe sollten sich im besten Fall wie eine zweite Haut anfühlen. Sie lassen sich leichter zwischendurch wieder abstreifen, erfordern aber etwas mehr Übung beim Anziehen.
Anziehhilfen, Spezialhandschuhe & Adhäsionsroller – kleine Alltagshilfen
Eine tolle Lösung: verschiedene Anziehhilfen erleichtern es Dir Deine Armkompression selbstständig ohne Hilfe hochzuziehen. Die bekannteste ist sicher die Easy Slide Anziehhilfe von Juzo.
So geht’s:
- Die Easy Slide wird einfach über den Arm gestülpt.
- Die Armkompression gleitet darüber und lässt sich – mit etwas Übung – sehr schnell und leicht bis zum Oberarm ziehen. Du sparst so enorm viel Kraft.
- Die Anziehhilfe lässt sich danach mithilfe einer Türklinke o.ä. abstreifen: einfach einhaken und in einem Zug ausziehen. Achtung: Nie in die Öffnungsrichtung der Tür ziehen!
- Für den perfekten Sitz halte ich während des Ausziehens der Anziehhilfe, die Kompression immer fest oder ziehe sie bewusst ein Stück höher. Wenn im Anschluss die Kompression noch etwas nach oben oder unten gezogen werden muss, greife ich zum Spezialhandschuh und korrigiere dies.
Im Normalfall hält die Armkompression den ganzen Tag sehr gut. Im Sommer oder bei sportlicher Aktivität verwende ich zusätzlich den Adhäsionsroller (Juzo Adhäsions-Lotion). Das ist ein hautfreundlicher und alkoholfreier Hautkleber, der punktuell auf den Haftrand oder die Haut gegeben wird und der Kompression zusätzlichen Halt gibt.
Du scheust Dich vor Deinen Arm-Kompressionsstrümpfen?
Für Dich ist die Vorstellung schwer, ebenfalls die Arme mit Kompressionen versorgt zu bekommen? Zugegeben es fühlt sich anders an als an den Beinen. Mittlerweile trage ich meine Armkompression sehr gerne. Sie verschafft im Alltag Schmerzlinderung und verhindert zudem die Ansammlung von Lymphflüssigkeit. Ich habe mir die Zeit genommen, mich an meine Armkompression zu gewöhnen bis sie sich für mich wie selbstverständlich anfühlte. Deshalb rate ich Dir auch, Dich langsam an das Tragegefühl zu gewöhnen. Grundsätzlich gilt: lieber nur ein paar Stunden die Kompressionen getragen als gar nicht!
Gut passende Arm-Kompressionsstrümpfe rutschen nicht und schränken Dich nicht in Deiner Bewegung ein. Deine Arme sind ständig in Bewegung, Du wirst das Gefühl haben, dass Du gegen einen minimalen Druck arbeitest. Gleiches gilt für die Handkompressionen. Bei jeder Bewegung spürst Du den minimalen Druck, der noch ungewohnt ist. Pausen und kleine Übungen mit Massagebällen verschaffen hierbei Abhilfe.
Im Alltag ist die wohl größte Umstellung, dass die Arm-Kompressionsstrümpfe und insbesondere die Kompressionshandschuhe präsent sind.
Mein Tipp: verstecke Dich und Deine Kompression nicht. Nehme die Kompression an und integriere sie in Dein Outfit. Sobald Du sie als selbstverständlich sieht, werden es Außenstehende auch tun. Sei Dir gewiss, nicht jeder Blick gilt Deiner Arm – oder Handkompressionen.
Tausch Dich mit anderen Betroffenen aus!
Aller Anfang ist schwer, deshalb geh locker an die Kompression ran und tausche Dich gerne mit anderen Betroffenen über Ihre Erfahrungen aus. In unserer Facebook-Gruppe „Mittelpunkt Mensch – Leben mit Lipödem“, teilen Betroffene Ihre Erkenntnisse und geben Tipps und Tricks.
Autorin:
Simone Schäfer | rahm Botschafterin „Lymph“
Diagnose: Lipödem mit sekundärem Lymphödem im Stadium 2
